Ich habe ein altes Hobby wiederentdeckt. Dieses alte Hobby verbinde ich mit einiger Recherche und siehe da: Neue Welten tun sich auf und ich verstehe gar nicht, wie mir das entgehen konnte.
Die Rede ist von „Pen & Paper Fantasy-Rollenspielen“, die mich wie viele meiner Generation eindrücklich geprägt haben. Von ca. 1985 bis 1991 war dies meine Lieblingsfreizeitbeschäftigung. Da diese Spiele derzeit ein faszinierendes Revival erleben – das liegt an Serien wie „Big Bang Theory“ und „Stranger Things“, vielleicht auch an dem Wunsch nach mehr spielerischem, sozialen Miteinander – habe ich mich mal schlau gemacht: Eie ist eigentlich der aktuelle Stand bei diesen Spielen? Werden Sie überhaupt noch gespielt? Gibt es etwas grundlegend Neues? – Und ich habe mich für ein Spiel entschieden, dass ich demnächst sicher auch mal meinem Freundeskreis präsentieren werde …
Zunächst: Was ist überhaupt ein „Pen & Paper“ Rollenspiel?
Bei einem „Pen & Paper“ Rollenspiel gibt es einen Spielleiter, der sich sehr viel Arbeit machen muss und sich die Regeln des gewählten Spieles aneignen muss. Er ist Spielleiter, letzte Instanz, aber vor allem ist er Regisseur und Erzähler. Die anderen sind die Spieler, die „Helden“ oder einfach die Charaktere. Jeder Spieler schlüpft in einen Charakter in dieser Fantasiewelt und steuert ihn- Entscheidungen werden von exotischen Würfeln oder vom Spielleiter geführt. Durch Kommunikation und verbale Interaktion meistern alle Spieler gemeinsam ein Abenteuer.
In Deutschland unangefochten: Das Schwarze Auge
Während in den USA und den meisten anderen Ländern nach wie vor der Klassiker „Dungeons & Dragons“ dominiert, ist in Deutschland „Das Schwarze Auge“, derzeit in der 5. Edition erhältlich, nach wie vor der Platzhirsch. Das Grundregelwerk gibt es als Taschenbuch, wie auch die ergänzenden Regelbücher. Verglichen mit der ersten Edition, die ich in der 80er Jahren gespielt habe, ist das Regelwerk deutlich komplexer. Die Welt des schwarzen Auges nennt sich „Aventurien“ und bedient sich Elementen aus der Welt von Tolkien ist aber ein Sammelsurium verschiedener weiterer Mythologien. So gibt es dort Götter, die an die römische Mythologie erinnern oder Wesen wie „Zyklopen“ aus der Griechischen Sagenwelt.
Erfinder des „Schwarzen Auges“ war der Autor Ulrich Kiesow. In den vergangenen drei Jahrzehnten wurden die anderen Kontinente auf der Welt „Dere“ entdeckt. Neben „Aventurien“ hat sich insbesondere „Myranor“ als geistiges Zentrum etabliert.
Der Klassiker „Dungeons & Dragons“
„Dungeons & Dragons“ ist eines der ersten Rollenspiel gewesen. In meinem Geburtsjahr, 1974 das erste Mal erschienen, hält es sich bis heute als Referenzwerk für das Fantasy Rollenspiel. Die beiden erwähnten Serien haben auch genau dieses Rollenspiel als eines ihrer Leitmotive. Ab der Version 3.x des Spiels wurden die Regeln zum Teil in einer offenen Lizenz freigegeben. Das stark verbreitete „Pathfinder“ ist im Grunde ein Ableger von „Dungeons & Dragons“. Die derzeit erhältliche fünfte Edition ist extrem erfolgreich. Größtes Manko: Um das Spiel wirklich im vollen Umfang spielen zu können, sind mindestens drei Bücher als Regelwerke notwendig. Jedes davon kostet 50,- EUR und ist in der deutschen Übersetzung damit um einiges teurer, als das Original. Reizvoll ist jedoch das weitverbreitete Regelwerk, das man einerseits sehr „würfellastig“ spielen kann, dem Spielleiter andererseits auch einige Freiräume lässt. Das auf Tolkiens mystische Welt angelegte Rollenspiel „Der Eine Ring“ wurde mittlerweile als „Abenteuer in Mittelerde“ für D&D adaptiert – wer pure Tolkien-Fantasy möchte, die zwischen „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ angelegt ist, der wird nur hier fündig.
Das Vorbild für den Kult: Shadowrun
Das dritte große Rollenspiel hat einen Kultstatus. Nicht ohne Grund. „Shadowrun“ spielt in einer düsteren Zukunft, in einer dunklen von Großstädten dominierten Welt. Die Spieler sind „Shadowrunner“ und ihre Abenteuer sind das Erledigen von Aufträgen von Großkonzernen. Dabei leben sie in einer auf dem Neuromancer-Mythos basierenden Fantasiewelt – der Schöpfer dieses Hintergrunds ist der Autor William Gibson.
Kultstatus genießt dieses Spiel, da es auf zwei Ebenen spielt – der realen Welt und einer visuellen Welt, in die die Charaktere fliehen können. Diese Ebene trägt den Namen „Matrix“ – wir können also sicher sein, dass die Wachowski Brothers Sisters leidenschaftliche Shadowrunspieler sind oder zumindest waren.
Platz für Nischenprodukte
Speziell in Deutschland gibt es immer mal wieder kleinere Projekte bei Verlagen, die eine eigene Welt mitbringen. „Aborea“ zum Beispiel hat eine eigene Geschichte einer fiktiven Welt, mit einem wunderschön ausgearbeiteten Atlas – eine schier unerschöpfliche Quelle für Spielleiter. Eine andere Alternative nennt sich „Splittermond“ – hier gibt der zersplitterte Mond, der um den Planeten der Fantasiewelt kreist den Charakteren besondere Kräfte.
Ganz neu entdeckt: Cthulhu
Ich aber habe für mich jetzt „Cthulhu“ – dieses Spiel hat ein ganz anderes Setting. Es ist die eingangs erwähnte „Neue Welt“, die ich jetzt entdeckt habe, es transportiert den „Cthulhu-Mythos“, der zum größten Teil auf den Geschichten des Autor HP Lovecraft basiert, in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Spieler werden zu „Investigatoren“ und müssen während der Geschichte damit rechnen, ihre geistige Gesundheit einzubüßen – also der Charakter, den sie spielen. Ich bin echt erschlagen von den abgefahrenen Illustrationen in den vielen Begleitbüchern. Man könnte fast meinen, dieser Mythos sei für einige Menschen so real und dass sie sich so sehr mit diesen Regeln und Illustrationen identifizieren, dass das Hobby zum Lebensinhalt wird. Aber mehr dazu in einem in Kürze verfügbaren Artikel im Kultur-Magazin.